Freie Platzwahl: Akustik im modernen Planetarium und die Vermeidung des “Sweet-spots”

In modernen Planetarien spielt Sound Design und Klang eine entscheidende Rolle, um das Publikum vollständig in die Darstellung des Universums eintauchen zu lassen. Die Entwicklung von immersiven Audio-Technologien wie Fraunhofer Spatial Sound Wave (SSW) und weiteren Multikanalsystemen hat das Erlebnis revolutioniert. Ein zentraler Aspekt, der das Hörerlebnis in Planetarien maßgeblich beeinflusst, ist die Vermeidung eines sogenannten „Sweet Spots“ – also einer optimalen Hörposition. Doch warum ist es so wichtig, dass jeder Besucher, unabhängig von seinem Sitzplatz, ein gleichwertiges akustisches Erlebnis hat?

Was ist der „Sweet Spot“?

In traditionellen Stereo- oder Surround-Sound-Systemen gibt es oft einen „Sweet Spot“, den idealen Hörbereich, in dem der Klang perfekt abgemischt wahrgenommen wird. Außerhalb dieses Bereichs können die akustischen Eindrücke verfälscht oder unvollständig erscheinen. In Kinos und Heimsystemen ist dies ein häufiges Problem: Je weiter man sich vom „Sweet Spot“ (hier oft sehr mittig) entfernt, desto stärker verändert sich die Klangqualität negativ.

Planetarien als ideale Räume für immersive Klangwelten

Planetarien unterscheiden sich grundlegend von herkömmlichen Vorführsälen. Die Kuppel, die als Projektionsfläche für Bilder dient, schafft einen 360-Grad-Raum, der auch eine 360-Grad-Klangwiedergabe erfordert. Besucher sitzen nicht in Reihen, die auf eine Bühne oder Leinwand gerichtet sind, sondern oft kreisförmig oder in einer leicht geneigten Position, die auf den gesamten Himmel gerichtet ist. Hier kommen immersive Lautsprechersysteme ins Spiel, die darauf ausgelegt sind, den Klang gleichmäßig über den gesamten Raum zu verteilen.

Derartige Systeme ermöglichen es, Schallquellen präzise im Raum zu platzieren und so das gesamte Publikum zu umhüllen – unabhängig davon, wo sich ein Zuhörer befindet. Die Vermeidung eines festen „Sweet Spots“ bedeutet, dass jeder Sitzplatz zum optimalen Hörplatz wird. Das Klangfeld wird so gestaltet, dass es sich organisch im gesamten Raum entfaltet und die akustische Illusion von Bewegung und Position im dreidimensionalen Raum perfekt vermittelt wird.

Warum ist das Sweet Spot-freie Design so wichtig?

In einem Planetarium gibt es nicht den einen idealen Platz, um das beste Klangerlebnis zu genießen. Eine freie Platzwahl sollte für das Publikum immer eine gleichbleibend hochwertige Klangqualität garantieren. Dies hat mehrere Vorteile:

  1. Eintauchen in die Klangwelt: Ohne einen festen „Sweet Spot“ wird jeder Platz im Planetarium zum optimalen Punkt, um die Klanglandschaften zu erleben. Ob man direkt in der Mitte sitzt oder weiter hinten – die räumliche Auflösung bleibt konstant hoch, was das Gefühl der Immersion verstärkt.
  2. Gleichmäßige Verteilung von Informationen: Oftmals sind Audio-Elemente in Planetariums-Shows nicht nur atmosphärische Klangkulissen, sondern tragen auch wichtige narrative Informationen. Um sicherzustellen, dass keine Person im Publikum aufgrund eines suboptimalen Sitzplatzes wesentliche Informationen verpasst, muss der Klang gleichmäßig und klar im Raum verteilt sein.
  3. Gesteigerte emotionale Wirkung: Klang spielt eine wesentliche Rolle dabei, wie wir emotionale Momente in audiovisuellen Darstellungen erleben. Ein Planetariumserlebnis, bei dem der Klang aus jeder Richtung kommt und alle Plätze gleichermaßen erreicht, verstärkt die emotionale Wirkung des Gezeigten erheblich. Dies ermöglicht ein tieferes und ganzheitlicheres Erlebnis.
  4. Flexibilität für Veranstalter und Designer: Ohne die Notwendigkeit, sich auf einen „Sweet Spot“ zu konzentrieren, haben Sounddesigner mehr Freiheit, den Raum kreativ zu nutzen. Sie können Klangereignisse auf beeindruckende Weise im Raum platzieren und bewegen, was besonders in einer so offenen und freien Umgebung wie einem Planetarium beeindruckende Ergebnisse liefert.

Die Vermeidung des „Sweet Spots“ erfordert eine sorgfältige Planung und den Einsatz modernster Technik. Die Beginnt mit der Akustik des Saals in der Bauphase, anschliessend müssen komplexe Algorithmen und Systeme zur Klangverteilung verwendet werden, um sicherzustellen, dass der Klang nicht nur in alle Richtungen abgestrahlt wird, sondern auch dort korrekt ankommt. Techniken wie die Nutzung von Wellenfeldsynthese oder andere hochentwickelte Lautsprecher-Setups tragen dazu bei, den Schall in echter 3D-Raumtiefe wiederzugeben.

Diese Systeme sind speziell dafür konzipiert, das Klangbild dynamisch an die Position des Zuhörers anzupassen, sodass der Klang auch bei Bewegung im Raum oder an den Rändern der Kuppel stets realistisch und immersiv bleibt.

Moderne Planetarien setzen Maßstäbe in der audiovisuellen Präsentation und zeigen, wie wichtig es ist, keine festen „Sweet Spots“ zu haben. Die Technik, die hinter diesen immersiven Klangerlebnissen steckt, mag komplex sein, doch das Ergebnis ist für das Publikum mühelos zugänglich: eine nahtlose akustische Umgebung, in der jeder Platz der beste Platz ist. Der Verzicht auf einen „Sweet Spot“ ist nicht nur ein technisches Detail, sondern eine bewusste Entscheidung, das Planetariumserlebnis für jeden Besucher zu einem gleichwertigen, beeindruckenden Erlebnis zu machen – unabhängig davon, wo er oder sie sitzt.

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